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Sonntag, 3. September 2017

Rebellion - Aufbruch nach New York - SIX (Online Story zum Mitlesen)

Nach langer Zeit habe ich jetzt endlich den nächsten Teil der Story fertig. 
Hoffe, ihr seid noch dabei. ;-)
Viel Spaß beim Lesen!
Teil 1 - 5 findet ihr ebenfalls hier auf diesem Blog ^^





~ SIX ~



Leon wusste genau, wie er sich das Treffen mit Max vorstellte. Die Jagd wäre bloß eine dumme Ausrede, um mit ihm allein zu sein. Max war reif für ein bisschen Erfahrung, fand er mit leichtem Grinsen um die Mundwinkel. Den ganzen Vormittag hatte er ungeduldig im Laden gestanden, die Leute lustlos bedient und oft genug einfach aus dem Fenster geträumt. Bis sein Vater ihn unsanft daran erinnerte, dass er zu arbeiten hätte. Am liebsten wäre er einfach irgendwohin abgehauen und hätte von Luft und Liebe gelebt. Vorzugsweise zusammen mit Max Jenkins. Zu seinem eigenen Entsetzen hatte es ihn eiskalt erwischt.
Seine Gedanken kreisten nur noch um einen jungen Mann, statt, wie früher, um jede sich bietende Gelegenheit. Das war schon ein wenig erschreckend, fand er. Immerhin hatte er nie zuvor ein schwules Paar gesehen oder auch nur davon gehört, das länger zusammen lebte oder zusammen blieb. Schließlich hatte niemand es sich auf die Stirn tätowiert. Allerdings dachte er manchmal an eine einsame Farm, auf der er mit einem männlichen Partner nahezu unbehelligt leben konnte, wenn sie zusammen den Hof bewirtschafteten oder vielleicht auch Pferde züchteten, was er immer schon gerne gemacht hätte. Träumen durfte man ja noch.
Nach dem schlimmsten Nachmittagsgeschäft ließ sein Vater ihn endlich die Auslieferungen übernehmen. Es war bereits vier Uhr, wenigstens nicht mehr so heiß. Mit klopfendem Herzen legte er die Jenkins Farm als letzte Lieferung, schließlich wollten sie auf die Jagd. Das Abendessen besorgen. Oder wenigstens so tun. Freudig lächelte er in sich hinein.
Als er auf den Hof fuhr, erblickte er Max bereits mit voller Ausrüstung auf ihn wartend auf der Treppe zur Veranda sitzend. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, schien er nicht gerade begeistert. Gut gelaunt stieg Leon aus dem Lieferwagen und ließ sich von Mr. Jenkins beim Abladen helfen. Max hielt sich dezent zurück.
»Junge, willst du uns nicht vielleicht helfen!«, schrie sein Vater ihm verärgert zu.
Max schüttelte den Kopf. »Ich möchte nicht nach Chemie riechen, wenn ich schon für das Abendessen sorgen soll!«
Ein gutes Argument, fand er. Sein Vater schien es zu schlucken. Leon grinste frech zu ihm rüber, während er sich keinerlei Sorgen um den anhaftenden schlechten Geruch an seinem Körper zu machen schien. Nachdem sie die vier riesigen Kanister abgeladen hatten, gesellte sich der junge Mann zu seinem Freund auf der Treppe.
»Was gedenkst du uns denn zu schießen?«
»Das erste, das mir vor die Flinte kommt!«, konterte Max.
»Dann bleibt mehr Zeit für anderes, verstehe!«, flüsterte Leon geheimnisvoll in sein Ohr.
Max durchfuhr wieder dieser Schauer, der so angenehm und zugleich so erschreckend für ihn war. »Komm schon! Ich hab nicht Zeit bis übermorgen!«, blaffte er ihm entgegen und war schon auf dem Weg raus in die Wildnis.
Leon hetzte hinter ihm her, er hatte sich diesmal passend gekleidet und konnte trotzdem kaum mit Max Schritt halten. Wenn das so weiterging, wäre er nicht mehr fähig irgendetwas anders zu tun, als sich auszuruhen.
»Was rennst du denn so?«
»Hab‘s eilig.«
»Noch was vor heute?« Wieder musste er grinsen.
Max bemerkte es sofort. »Mein Pferd muss noch gefüttert werden.«
»Wenn‘s nur das ist…«
»Clementine kommt später noch vorbei.« Scheiße, wo war das denn auf einmal hergekommen? »Sie hat mir keine Ruhe gelassen, zur Freude meiner Eltern«, fügte er noch erklärend hinzu.
»Du lügst doch.«
»Wieso sollte ich?«
Bevor Leon ihm darauf antworten konnte, streckte Max die Flinte in die Luft und zielte auf eine Taube am freien Himmel. Mit einem Schuss fiel sie zu Boden.
»Verdammt, bist du gut!«
»Jack!« Max schickte den Hund los, die Beute heranzuholen. Er machte sich gar nicht erst die Mühe, den Vogel in seiner Jagdtasche zu verstauen, sondern ging gleich weiter schnellen Schrittes auf den lichten Wald zu. Jack brachte ihm die Taube freudig wedelnd hinterher.
»Kann ich auch mal versuchen?«, wagte Leon ihn atemlos zu fragen.
»Nein. Ich möchte das so schnell wie möglich hinter mich bringen.«
»Bist du böse auf mich?«
Max schluckte. »Macht es den Eindruck?«
»Allerdings! Ich hab mich gefreut, dass wir ein bisschen Zeit zusammen verbringen.«
»Je schneller ich etwas schieße, umso mehr Zeit bleibt dir«, antwortete er trocken.
»Uns.«
»Wie auch immer.«
Leon hielt jetzt lieber den Mund. Schlich verwirrt hinter Max durchs Gebüsch und wagte nicht einmal mehr zu atmen. Jack trug tapfer die Taube neben ihnen her. Das lief alles andere als gut, dachte er missmutig. Vielleicht war er auch ein wenig verletzt über die rüde Art seines Freundes.
Während er über sein weiteres Vorgehen grübelte, knallte plötzlich der nächste Schuss durch den Wald. Max schickte Jack erneut los und der kam prompt mit einem Rebhuhn im Maul zurück.
»Das dürfte reichen.« Max stopfte die beiden Vögel in seine Tasche und hing sich die Flinte schwungvoll um die Schulter. »Gehen wir zurück.«
Leon war zum ersten Mal sprachlos über seine Kälte in der Stimme. Hatte er sich nicht ausreichend für den Vorfall nach dem Square Dance entschuldigt? Es musste noch etwas anderes vorgefallen sein, er wollte den Dingen jetzt auf den Grund gehen, endgültig.
»Bist du immer noch böse wegen des Tanzabends?«
Keine Antwort war auch eine Antwort. Also versuchte er es noch einmal.
»Ich habe doch schon gesagt, dass ich dich nicht erschrecken wollte. Jetzt warte doch mal, verdammt!«, hielt er Max am Zipfel seines Hemdes auf, als sie schon mitten im Weizenfeld standen.
Empört drehte sich der Farmerjunge um und funkelte ihn böse an. Fast hätte man sich erschrecken können, so wild war sein Blick.
»Was willst du eigentlich von mir!?«, brüllte Max ihm sauer ins Gesicht.
»Dich besser kennenlernen. Freunde sein. Und mehr. Eigentlich mehr.« Verlegen lächelte er und scharrte mit dem Fuß auf dem Boden. Noch nie hatte es ihm ein Junge so schwer gemacht und noch nie zuvor war ihm so schrecklich dabei zumute gewesen.
»Mehr was!?«, grunzte Max, während er schon wieder voraus stapfte. Jack immer dicht auf den Fersen.
»Mehr… Was weiß ich! … Ich… Mehr Nähe?« Der letzte Teil war nur noch geflüstert. Leon fühlte sich klein wie nie zuvor. Plötzlich schien der andere der Stärkere von ihnen zu sein. Wie konnte ihm das nur passieren?
Max hatte abrupt angehalten. Neugierig musterte er Leon von der Seite. »Nähe?«, hauchte er ebenso ergriffen zurück.
Vorsichtig hob Leon den Kopf. Ihm wurde plötzlich ganz warm ums Herz. Das muss Liebe sein, dachte er noch unschuldig. »Du gefällst mir…«
Wieder herrschte eine Weile Stille zwischen ihnen. Beide mussten das Gesagte erst mal sacken lassen. Leon fing sich als erster wieder.
»Was ist mit dir? Gefalle ich dir auch?«
Max zuckte mit den Schultern. »Irgendwie. Vielleicht.«
»Komm, setzen wir uns. Wir müssen reden.« Oder mehr. Irgendetwas. Nur nicht auseinandergehen.
Max setzte sich neben ihn in den Weizen, ihre Köpfe waren gerade noch zu sehen zwischen den Ähren. »Reden. Worüber?«
»Über uns.« Leon blickte ihn verzweifelt an.
Max seufzte. »Das ist nicht normal.«
»Was ist schon normal? In der Stadt gibt es mehr von uns. Du würdest dich wundern.«
Entsetzt riss Max die Augen auf. »Sag bloß…«
»Ja. Du musst keine Angst haben.«
»Weil du dich auskennst?«, murmelte Max, betroffen von der eigenen Unwissenheit.
Vorsichtig legte Leon den Arm um seinen Freund und strich dabei die Flinte über seine Schulter auf den Boden. »Ein bisschen.«
»Hä?«
»Das hier ist anders. Es hat mir nie sehr viel bedeutet, aber mit dir…« Die Röte schoss ihm förmlich ins Gesicht.
Das fand Max richtig charmant. Er konnte ihm irgendwie gar nicht mehr böse sein. »Dann haben wir ja etwas gemeinsam.« Mutig blickte er ihm direkt in die Augen.
Ihre Blicke verfingen sich hoffnungslos ineinander. Hitze wallte in ihren Körpern auf. Der Herzschlag verdoppelte sich. Max konnte Leons heißen Atem auf seinem Gesicht spüren, er sehnte sich geradezu nach der Berührung seiner Lippen.
»Darf ich dich küssen?«, hörte er Leon noch flüstern.
Dann trafen sich auch schon ihre Lippen zu einem zärtlichen Kuss. Als hätte alles auf diesen einen Augenblick des Verstehens hingeführt. Allein mit seiner Zunge hätte Leon seinen Freund bis zum Äußersten treiben können und er wusste darum. Trotzdem blieb er vorsichtig, wollte Max nicht wieder verschrecken, während er ihm langsam das Hemd aufknöpfte und von den Schultern streifte. Kurz ließ er von ihm ab und befreite sich von seinem T-Shirt. Beide Jungen betrachteten sich eine Weile staunend. Sogen den Körper des andern mit jedem Atemzug in sich auf. Bis man förmlich die Luft zwischen ihnen knistern hören konnte.
Mit ehrlichem Verlangen fielen die beiden jetzt doch noch mitten im Weizenfeld übereinander her. Der Streit war vergessen, es zählte nur noch die Liebe. Leon drückte seinen Liebsten im Sonnenuntergang zwischen die goldenen Ähren und setzte sich dann schwungvoll auf seine Hüften. Er war schon hart. Verdammt hart. Mit geübten Händen streichelte er ihm über die nackte Brust und massierte die bereits erhärteten Brustwarzen. Max stöhnte unter seinen kundigen Händen, wand sich wie eine Schlange und krallte sich mit den Fingernägeln in seinen Rücken. Langsam senkte Leon erneut seine Lippen auf die des Jüngeren und küsste ihn zuerst noch vorsichtig, dann immer drängender. Verstärkte den Druck und versuchte, ihn mit seiner Zunge dazu zu bringen, den Mund für ihn zu öffnen.
Max keuchte erneut laut auf, gab unter Leons Bemühungen endlich nach und ließ ihn genüsslich seine Mundhöhle erforschen. Immer weiter drang Leon in ihn vor, benutzte seine Zungenspitze, um ihn so richtig heiß zu machen und legte sich schließlich mit dem ganzen Körper auf ihn. Max‘ Penis drängte förmlich an die frische Luft, Leon öffnete den Reißverschluss seiner Jeans, bis nur mehr der dünne Stoff der Boxer die beiden voneinander trennte. Mit fahrigen Bewegungen zog er dem Jüngeren auch noch aufreizend die Unterwäsche über die Hüften und ließ sich anschließend von ihm helfen, dasselbe bei sich zu tun. Endlich rieb er sich lustvoll an Max‘ Erregung und brachte ihn damit binnen Sekunden erneut zum Stöhnen. Max zitterte bereits am ganzen Körper, drückte Leons Pobacken mit klammen Fingern immer wieder heftig gegen seine eigene Erregung und genoss jede Berührung ihrer Glieder mit geschlossenen Augen und klopfendem Herzen. Sie trieben sich gegenseitig ihrem Höhepunkt entgegen und hatten bereits alles um sich herum total vergessen.
Ein letzter feuchter Zungenkuss, eine kleine zärtliche Berührung am Hals, das heftige aneinander Reiben ihrer prallen Geschlechter und schon kamen sie mit einem lauten Schrei auf den Lippen zwischen ihre bebenden Leiber. Erschöpft sanken sie übereinander zusammen und umarmten sich liebevoll.
»Das war schön«, bemerkte Leon noch ganz liebestrunken an Max‘ Schulter.
»Ja… Ist das immer so zwischen zwei Männern?“ Max flüsterte ebenfalls.
»So ungefähr. Ich bringe dir alles bei, wenn du willst.«
»Hm… Das wäre schön. Wir müssen jetzt aber los. Das Abendessen, schon vergessen?«
»Wie könnte ich!«, meinte Leon grinsend und kramte in seiner Hosentasche nach einem Taschentuch. »Hier! Machen wir uns erstmal sauber!« .
     
Ein wenig ungelenk zogen sie sich nach der notdürftigen Reinigung wieder an, bahnten sich Arm in Arm, gefolgt von Jack, einen Weg aus dem Weizenfeld und kamen gerade noch rechtzeitig zurück zur Farm, bevor ein Suchtrupp namens Rosalie ausgeschwärmt wäre.



Samstag, 3. Juni 2017

GRATIS Aktion über das Pfingstwochenende ;-)

Ein langes Wochenende mit Regen steht einigen von uns bevor. Was gibt's da Besseres als Lesen?
Darum gibt's zwei meiner Bücher noch mal für lau über die Pfingstfeiertage! 
Viel Spaß beim Lesen!
Inzwischen bin ich fleißig und schreibe weiter am neuen Roman! ;-)


  



Dienstag, 16. Mai 2017

Rebellion - Aufbruch nach New York - FIVE (Online Story zum Mitlesen)

Endlich hab ich ein neues Kapitel von REBELLION für euch ;-)
Die vorausgegangenen sind ebenfalls auf diesem Blog zu lesen. Kapitel 1/ONE findet ihr hier http://mariceleste2015.blogspot.de/2016/11/goodie-story-zum-mitlesen-rebellion.html






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Rating
P18

Kategorie
Gay Romance, Drama, History, Lemon

Zusammenfassung
Max und Leon, zwei Jungs aus Virginia/USA in den 30er Jahren aus einer kleinen Stadt namens Hopewell, entdecken ihre Gefühle füreinander und sind alsbald auf der Flucht in die Großstadt.


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REBELLION

Aufbruch nach New York




~ FIVE ~



Als der Wecker am Sonntagmorgen unerbittlich klingelte, wollte Max es gar nicht wahrhaben. Er hatte kein Auge zugemacht, nachdem er letzte Nacht Hals über Kopf davon gelaufen war. Sein Gefühl wechselte von fürchterlicher Scham über blankes Entsetzen bis hin zu totaler Schwärmerei und Liebeskrankheit. Er konnte sich kaum auf einen einzigen Gedanken konzentrieren, geschweige denn den Stall ausmisten oder am Frühstückstisch Platz nehmen und der Familie gegenübertreten. Sein ganzer Körper schien unentwegt zu zittern.
»Max! Komm endlich, der Stall wartet!«, hörte er seine Mutter irgendwann rufen. »Wer ausgehen kann, kann auch arbeiten!«, fügte sie noch schadenfroh lachend hinzu.
Er zog sich die Decke über den Kopf und stöhnte.
Fünf Minuten später flitzte er an der Küche vorbei nach draußen, um seine Arbeit zu machen. Dabei konnte er sich vielleicht noch ein wenig beruhigen und es würde ihm leichter fallen, sich später mit allen zusammen an den Frühstückstisch zu setzen.
Immerhin, die Tiere im Stall hatten weder Widerworte, noch hämisches Gelächter für ihn, als er ihnen bei der Arbeit sein Herz ausschüttete. Irgendwo musste er seine Eindrücke der letzten Nacht schließlich loswerden. Da waren ihm auch ein paar Kühe oder Schweine recht.
»Wie war's denn gestern so?«, überfiel ihn Rosalie prompt, kaum, dass er sich später beim Frühstücken Kaffee eingeschenkt hatte.
»Interessant«, murmelte er verschlafen. Er musste sich unbedingt bald wieder hinlegen, wenn er nicht im Sitzen einschlafen wollte. Diese Stallarbeit war einfach nichts für ihn. Er würde sich wohl nie daran gewöhnen, so früh aufzustehen und dann auch noch körperlich schwer zu arbeiten.
»Was soll das denn heißen?«, erkundigte sich sein Vater und ließ neugierig die Zeitung sinken.
»Ich bin hundemüde, Dad. Hab kein Auge zugemacht. Und dann auch noch die Stallarbeit! Das haut den stärksten Cowboy um! Verschieben wir das auf später, okay?«
»Hihi, er hat also schon ein Mädchen getroffen und jetzt geht sie ihm nicht mehr aus dem Kopf!« Rosalie stieß ihn schwungvoll in die Seite und er stöhnte schmerzhaft auf.
»Blöde Ziege!«, brummte er genervt.
»Selber!«
»Hört auf, Kinder! Wir gehen jetzt zusammen in die Kirche. Vielleicht erzählt Leon uns ja mehr von gestern!«
Mit diesem Satz hatte seine Mutter ihn sofort hellwach gemacht. Kirche?! Scheiße, nein! Seine Kaffeetasse klapperte, als er sie zurück auf den Unterteller stellte. Nervös betrachtete er seine Finger. Sie zitterten merklich. Aber er musste jetzt etwas sagen, wenn er nicht mit in den Gottesdienst gehen wollte. Oder konnte.
»Kann ich vielleicht ausnahmsweise einmal hierbleiben und mich noch ein bisschen hinlegen? Ich fühle mich nicht gut.«
»Hast du Fieber?« Seine Mutter griff ihm sofort besorgt an die Stirn. Er schlug ihre Hand reflexartig weg. »Hey, junger Mann!«
»Wahrscheinlich hat der junge Sickler ihn heimlich mit Alkohol abgefüllt! Als wenn ich es nicht gewusst hätte! Der bedeutet nur Ärger, verdammt!«
»Dad!« Max wollte das nicht auf sich sitzen lassen. »Ich bin nicht betrunken. Mein Magen rebelliert schon seit ein paar Tagen. Vielleicht hab ich was Falsches gegessen.«
»Du kommst mit, basta! Man muss sich sonntags in der Kirche sehen lassen!« Sein Vater kannte kein Pardon.
Beim Reverend und seiner widerlichen Tochter, meinte er wohl. Also würde er Leon doch begegnen müssen. Und das nach gestern Abend! Noch immer wurde ihm heiß und kalt zugleich, allein bei der Erinnerung daran. Wie sollte er ihm jemals wieder in die Augen sehen? Er hatte ihn angefasst! Es war… einfach zu peinlich! Sicher hatte er genau gespürt, dass… Es gab einfach keine Erklärung dafür, verdammt!
Missmutig saß er schließlich neben seiner Schwester hinten im Wagen, während sie auf dem Weg zur Kirche waren. Ihm war hundeelend. Sein Magen schien sich jede Sekunde umdrehen zu wollen. Wenigstens hatte er so nicht gelogen, wenn er sich gleich vor aller Augen übergeben musste.
Sie kamen als Letzte in die Kirche. Jeder hatte seinen angestammten Platz und als Max sich zwischen seinem Vater und Rosalie in die Bank zwängte, konnte er Leons Blick ein paar Reihen vor sich genau auf sich spüren. Er traute sich nicht einmal hochzublicken. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals hinauf und ihm war mittlerweile speiübel.
Gerade als der Reverend endlich auf der Bildfläche erschien und die Gemeinde sich zur Begrüßung erhob, kotzte er geräuschvoll vor seine Füße. Alle um ihn herum sprangen erschrocken beiseite, manche lachten, andere machten ein angewidertes Gesicht und er selbst zwängte sich beschämt an seinen Eltern vorbei nach draußen ins grelle Sonnenlicht, um frische Luft zu schnappen und sich von der Peinlichkeit zu erholen. Was würden sie bloß alle von ihm denken? Es war ihm, als würde die Welt untergehen, sich der Boden unter seinen Füßen auftun und ihn einfach verschlucken wollen. Kreidebleich setzte er sich im Schatten einer alten Eiche auf den spärlichen Rasen und blickte gestresst zur Kirchentür. Fast musste er noch einmal würgen, nur mit Mühe und Not konnte er den Drang bezwingen.
»Alles okay?«, hörte er plötzlich vor sich eine wohlbekannte Stimme mit offensichtlich unterdrücktem Lachen fragen.
Ihm war nicht danach zu antworten, schon gar nicht nach oben in Leons Augen zu blicken. Ach, könnte er doch einfach hier an Ort und Stelle sterben!
»Soll ich dich nach Hause bringen? Du siehst ziemlich blass aus.«
Das auch noch! Gleich würde er sich noch einmal auf Leons Schuhe übergeben! »Lass mich einfach in Ruhe!«
»Ich hab versprochen, mich um dich zu kümmern. Entweder du kommst wieder mit rein oder wir fahren dich nach Hause.«
Wütend scharrte Max mit dem Fuß im dürren Gras. Auf keinen Fall würde er sich von ihm nach Hause bringen lassen. Das war doch genau, was er wollte – sich noch einmal über ihn lustig machen!
»Ich komme wieder mit rein«, meinte er beherrscht, ohne Leon auch nur einen Blick zu schenken. Sein Leben war vorbei.
Kurz bevor sie die Kirchentür wieder öffneten, hörte er ihn hinter sich flüstern.
»Tut mir leid, wenn ich dich erschreckt haben sollte. Ich meine gestern Nacht. Es ist einfach mit mir durchgegangen.« Dabei berührte er Max ganz leicht an der Schulter.
Wieder kämpfte Max mit den Schauern, die durch seinen Körper rieselten, sobald der andere ihm auch nur entfernt zu nahe kam. Vielleicht hatte er ihm Unrecht getan? Zumindest hatte er gerade aufrichtig geklungen.
»Deine Leute sitzen jetzt ganz hinten, du hast die Bank ja gehörig versaut.« Leon zeigte auf Max‘ Familie, die sichtlich reumütig auf ihn starrte, als er sich nun wieder zu ihnen gesellte.
Nachdem auch Leon wieder an seinem Platz saß, machte der Reverend weiter mit der Predigt. Max harrte stumm neben seiner Familie auf der Bank aus, um zuzuhören. Ein bisschen besser ging es ihm zumindest, seit Leon sich für sein Benehmen am Vortag entschuldigt hatte.
Nur gut, dass sie in der letzten Reihe waren, so konnte er sich nach dem Gottesdienst ohne viel Aufhebens aus dem Staub machen. Ihm war nach einem langen, einsamen Spaziergang zumute, auf dem er gründlich nachdenken und wenn nötig, auch gern ungestört noch einmal kotzen konnte. Wie sich das für einen jungen Mann gehörte.
Zum Glück musste er Leon nicht noch einmal unter die Augen treten, das hätte er beileibe nicht fertiggebracht. Es war also einfach mit ihm durchgegangen? Was denn genau? Ihn zu brüskieren? Sich lustig über ihn zu machen? Oder die eigenen Gefühle? Max‘ Gedanken drehten sich im Kreis. Wie er es auch betrachtete, er kam immer zu demselben Ergebnis. Nämlich, dass er keine Ahnung hatte, was dieser kleine Übergriff wirklich zu bedeuten hatte. Außer, dass er ihn gefühlsmäßig so aufgemischt hatte, dass er sich nicht einmal mehr auf Kleinigkeiten konzentrieren konnte.
Eine Weile saß er noch an seinem Lieblingsplatz am Teich und versuchte, wenigstens die Sache in der Kirche zu vergessen. Sein Magen knurrte inzwischen gewaltig, er hatte schließlich sein Frühstück unfreiwillig wieder hergeben müssen. Als er schon auf dem Weg zurück zum Farmhaus war, kam Rosalie ihm gut gelaunt entgegengehüpft. Bestimmt würde sie ihn jetzt auch noch aufziehen.
»Du sollst zum Essen kommen! Mum macht sich schon Sorgen!«
»Schon auf dem Weg, wie du siehst.«
»Fühlst du dich besser?«
»Rosie, mir geht es wieder gut. Ich habe Hunger wie ein Bär.«
»Mann, du hättest die Leute sehen sollen heute Morgen, als du dich übergeben hast! Wie die aufgescheuchten Hühner! Mum hat mit Hilfe einiger anderer Frauen schnell dein Malheur beseitigt. Gott, war das peinlich!«
»Tut mir ja leid für dich, aber ich konnte es nicht mehr zurückhalten.«
»Ekelig! Mach das bloß nie wieder!« Sie rümpfte die Nase.
Max schüttelte nur den Kopf über sie und stapfte neben ihr her auf das Farmhaus zu. Er war kaum durch die Tür, als sein Vater ihn zum erst kürzlich angeschlossenen Telefon rief. Wer wohl für ihn angerufen hatte?
»Ich bin‘s. Wollte nur hören, ob du dich inzwischen besser fühlst.«
Leon.
Verdammt.
Der ließ einfach nicht locker!
»Geht so. Ich muss jetzt essen.«
»Guten Appetit! Lass dich mal wieder sehen! War ein schöner Abend gestern. Und… Es tut mir wirklich leid, wenn ich dich überrumpelt haben sollte. Freunde?«
Kurz überlegte Max, ihn doch noch zu enttäuschen. »Freunde! Bis dann!« Schnell legte er auf, wollte keine Antwort mehr darauf hören. Bevor er es sich noch einmal anders überlegte.
Allem Anschein nach hatte Leon es wirklich nicht böse gemeint. Vielleicht sollte er ihm noch eine zweite Chance geben, doch noch gute Freunde zu werden. Was immer das bedeuten mochte… Mit jemandem befreundet zu sein hatte sich bisher immer irgendwie anders angefühlt. Bei Leon hingegen verspürte er immer den Drang, ihm nahe und zugleich möglichst weit entfernt von ihm zu sein. Sicher war nur eines: Je näher er ihm kam, umso nervöser wurde er. Für heute war es jedenfalls genug. Er musste sich noch um seine anderen Aufgaben auf der Farm kümmern und wollte sich nicht weiter den Tag mit Grübeleien verderben lassen, wenn es schon keinen richtigen Sonntag für ihn als Farmer geben sollte.

*

»Muss das denn schon wieder sein?!«, maulte er seinen Vater an, als der ihn am nächsten Tag bat, mit ihm in die Stadt zum Laden zu fahren. »Das kannst du doch auch allein!«
»Ich hoffe, dass ich mit deiner Hilfe alles gleich nach Hause transportieren kann. Also, es muss sein!«
Er war auch nie um eine Ausrede verlegen, dachte Max genervt. Dabei ging es ihm wohl nur darum, ihn ständig mit Arbeit zu beschäftigen, dass er nur ja keine Minute still am See sitzen konnte, um seinen Tagträumen hinterherzujagen. Verflucht noch eins!
»Was, zum Teufel, brauchen wir denn schon wieder so dringend?«
»Es gibt da ein neues Pflanzenschutzmittel auf dem Markt, hab in der Zeitung davon gelesen. Sickler hat mir ein paar große Kanister davon bestellt. Wäre doch gelacht, wenn ich die Ernte damit nicht verbessern könnte!«
Dagegen ließ sich vermutlich kein Argument finden. Max fügte sich seinem alten Herrn und hoffte, dass Leon nicht im Laden anwesend war, weil er gerade etwas auszuliefern hatte. Die Chancen standen gut.
Auf der ganzen Fahrt saß er still neben seinem Vater und blickte auf die blühende Natur in der Ferne. Je näher sie der Stadt kamen, umso weniger grüne Wiesen und urbare Felder waren zu sehen. Normalerweise hätte er sich ebenfalls Gedanken gemacht, wie man die Farm wirtschaftlicher machen konnte, ob nun expandieren oder neu investieren das richtige wäre, was auch immer. Aber seit einiger Zeit waren seine Gedanken immer nur bei einer Sache: Leon Sickler und dessen charismatischer Aura. Nicht zu vergessen, sein extrem gutes Aussehen und der vollendete Körperbau.
Was würde Leon dazu sagen, was würde Leon davon halten oder was würde Leon damit machen, waren die ewig gleichen Fragen, die in seinem Kopf umherschwirrten. Er konnte es einfach nicht abstellen. Mochte er sich auch noch so sehr anstrengen.
Als sie zusammen den Laden betraten, war von dem jungen Sickler weit und breit nichts zu sehen. Erleichtert atmete Max auf. Während sein Dad Mr. Sickler Senior über den Ladentisch hinweg mit seiner Bestellung nervte, sah er sich einfach mal im Laden um. Zu seinem Glück fiel sein Blick dabei auch einmal zufällig auf die Eingangstür, weshalb er Clementine mit dem Reverend noch rechtzeitig hereinkommen sah, um sich hinter einem der Regale zu verstecken. Dieser blöden Kuh wollte er auf keinen Fall noch einmal freiwillig begegnen. Wenn er Glück hatte…
»Findest du dich nicht ein wenig lächerlich?«
Verdammt!
Ertappt drehte er sich zu ihr um. Clementine grinste verschlagen. Das war ja nicht neu, aber trotzdem fürchtete er sich vor ihr. Sein Mund war trocken, er hatte Herzrasen der üblen Sorte und suchte dringend nach Worten, um ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen.
»Wie meinen?«, druckste er verlegen herum. Reiß dich zusammen, verdammt! Die ist doch nur eine dumme Kuh, die scharf auf dich ist!
»Ich finde dich überall. Du hast keine Chance.« Hocherhobenen Hauptes stapfte sie davon Richtung Ladentheke.
»Was ist denn der für eine Laus über die Leber gelaufen?«
Wieder drehte Max sich erschrocken um. Da stand er. Ganz ohne Vorwarnung.
Heute war nicht sein Tag.
Ganz und gar nicht.
»Sie ist hinter mir her«, machte er den Versuch einer Erklärung.
Leon stutzte kurz. »In romantischer Art und Weise?«
Sein breites Grinsen ließ sich kaum missverstehen. Max schluckte seinen Stolz hinunter und versuchte sich an einer Unterhaltung.
»Du hast es erfasst.« Peinlich berührt zupfte er sich das Hemd in der Hose zurecht.
Leon nickte wissend. »Die wirst du nicht mehr los, fürchte ich.«
»Dafür werde ich schon sorgen!«
»Man darf also gespannt sein. Ich hoffe, du sagst ihr nicht, dass ich dir lieber wäre?« Wieder zeigte Leon ihm sein breites Grinsen.
»Das könnte dir so passen!«, entgegnete Max schlagfertig. Er war richtig stolz auf seine Antwort. Jetzt hatte er es ihm aber gegeben!
»Schade. Hätte gerne ihr Gesicht dabei gesehen!«
Sie blickten sich kurz an und prusteten dann gemeinsam los. Die Vorstellung von Clementines offenem Entsetzen in den Augen war einfach zu gut, um sich nicht gemeinsam darüber lustig zu machen. Allerdings hätten sie dann beide nichts mehr zu lachen und müssten Angst vor Verfolgung haben. Ihr Vater war immerhin der Reverend.
»Sohn!«, rief Leons Vater von der Ladentheke nach seinem Ableger.
Leon verdrehte kurz die Augen und stapfte dann gehorsam zu seinem Dad und Max‘ Vater nach vorne. »Du hast morgen eine Lieferung raus zur Jenkins Farm!«, setzte sein Vater noch hinzu, als er die beiden erreichte.
Leons Miene hellte sich sofort auf, denn das bedeutete ein unvorhergesehenes Treffen mit Max. Der wiederum wurde glatt eine Nuance bleicher, als er das hörte. Auf diese Weise konnte er Leon nicht mehr ausweichen.
»Lust auf ein bisschen Jagd wie neulich?«, versuchte Leon raffiniert die Situation für sich zu entscheiden.
Max hustete überrumpelt. »Ähm, wenn ich Zeit habe. Die Ställe machen sich nicht von allein.« Dabei blickte er hoffnungsvoll auf seinen Vater. Allein mit Leon in der Wildnis war zwar verlockend, aber zugleich auch mehr als erschreckend für ihn.
»Ich hätte nichts gegen ein gutes Abendessen. Zielen müsst ihr schon selbst.«
Jetzt fiel ihm sein Dad auch noch in den Rücken! »Aber verlasst euch nicht drauf, zusammen sind wir nicht so gut, wie wenn ich alleine draußen im Wald rumschleiche«, gab er missmutig zurück.
Die beiden Männer besiegelten den Deal mit Handschlag, sein Vater zahlte im Voraus. Als sie zusammen den Laden verließen, zwinkerte Leon ihm noch einmal unauffällig zu und grinste dabei bis über beide Ohren.
»Ich bin schon ganz heiß auf die Jagd!«, rief er ihm noch provozierend hinterher.
Max verschluckte sich fast an seiner eigenen Spucke, als er über die Türschwelle nach draußen stolperte. Amüsiertes Gelächter begleitete ihn bis zum Wagen seines Vaters.
Die wildesten Fantasien geisterten während der ganzen Heimfahrt durch seinen Kopf. Ihn fröstelte und er schwitzte zugleich. Wenn das immer so wäre, wenn man sich zu jemandem hingezogen fühlte, dann konnte er dankend darauf verzichten. Sein Magen rebellierte erneut und der Darm wollte sich auch schnellstmöglich entleeren.
»Dass du mir ja nicht zu viel Zeit mit diesem Sickler verbringst! Der hat doch nur Flausen im Kopf! Sein Vater sollte ihm mal gehörig die Leviten lesen!«
»Keine Sorge, Dad. Ich weiß schon mit ihm fertig zu werden.« Was redete er denn da, verdammt noch mal?!
»Das hoffe ich für euch beide. Sonst hast du ihn zum letzten Mal getroffen, dafür werde ich schon sorgen!«
Darüber ärgerte sich Max nun doch. Sein Zorn flammte erneut auf, als sie aus dem Wagen stiegen und der Vater gegenüber seiner Mutter von diesem Taugenichts aus dem Laden sprach. Wie neuerdings immer, war er hin- und hergerissen zwischen Verteidigung und Zustimmung. Mit Schrecken blickte er auf den morgigen Tag und seine erneute Begegnung mit Leon, dem sogenannten Taugenichts aus dem Laden. Wenn er Glück hatte, war er gerade irgendwo auf dem Feld unterwegs und würde ihm erst gar nicht begegnen. Jagd hin oder her. Arbeit ging vor. Jedenfalls für seinen Dad. 

Montag, 13. Februar 2017

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Viel Spaß beim Lesen ;-)







Sonntag, 15. Januar 2017

Rebellion - Aufbruch nach New York - FOUR (Online Story zum Mitlesen)

Und schon hab ich Teil 4 für euch! 
Vorangegangene Teile ebenfalls hier auf diesem Blog zu finden ;-) 
Viel Spaß beim Lesen! 






Rating
P18

Kategorie
Gay Romance, Drama, History, Lemon

Zusammenfassung
Max und Leon, zwei Jungs aus Virginia/USA in den 30er Jahren aus einer kleinen Stadt namens Hopewell, entdecken ihre Gefühle füreinander und sind alsbald auf der Flucht in die Großstadt. 



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REBELLION


Aufbruch nach New York



~ FOUR ~



Mit roten Wangen saß Clementine auf dem Sofa im Wohnzimmer der Jenkins Farm. Der Reverend und seine Frau unterhielten sich angeregt mit Max‘ Eltern. Rosalie schenkte noch einmal Kaffee nach und bot den Gästen vom selbstgebackenen Apfelkuchen an. Clementine lehnte dankend ab, was Max noch mehr Sorgen bereitete. Sie schien sich also schon auf ihre neue Rolle zu freuen und wollte sich für ihn von ihrer besten Seite zeigen. Sogar die langen, blonden Haare waren heute einigermaßen schön. Was für ein Wahnsinn!
»Greif zu, Clem! Nur keine Scheu!«, versuchte er, sie irgendwie aus der Reserve zu locken. Ein bisschen sarkastisch hatte es schon geklungen, fand er im Nachhinein.
Das junge Mädchen errötete bis unter die Haarwurzeln, lehnte aber erneut mit einem Kopfschütteln ab. Dummerweise wollte Max das nicht gelten lassen und drängte ihr einfach ein Stück auf, indem er es persönlich mit der versilberten Kuchengabel auf einen Teller legte und an ihren Platz brachte. Sie schenkte ihm ein säuerliches Lächeln und begann mit der Gabel darin herumzustochern.
Er beobachtete sie genau, während ihre Eltern sich unterhielten, Höflichkeitsfloskeln austauschten und über die Zukunft ihrer Kinder sprachen, ohne diese persönlich dazu anzuhören. Erst als sein Vater ihn direkt auf Clementines hübsches Aussehen heute ansprach, erwachte er aus seiner Starre und blickte in die erwartungsvollen Augen des jungen Mädchens.
»Mhm.« Mehr wollte und konnte er nicht dazu sagen. Selbst wenn er sie wirklich attraktiv gefunden hätte, wäre ihm in diesem Moment jedes Wort im Hals stecken geblieben.
»Warum zeigst du Clementine nicht ein wenig die Farm, Junge?«
Er hätte seinen Vater am liebsten dafür geohrfeigt. »Muss das sein?«
Wider Erwarten räusperte sich das junge Mädchen nun doch. »Es würde mir gefallen, wenn du mich ein wenig herumführst, Max.«
Er saß in der Falle. Vielleicht hatte er noch kein Radar für schwule Männer, aber ganz sicher eins für liebestolle junge Mädchen ohne Schamgefühl! Verdammt! Mit einem Kopfnicken bedeutete er ihr, ihm nach draußen zu folgen und Clementine machte sich zufrieden grinsend auf den Weg. Als ob er dabei wäre, sie auf einem riesigen Grundbesitz mit feudalem Wohnhaus herumzuführen, dachte Max, innerlich den Kopf über sie schüttelnd.
Wie hatte er sich nur so in ihr täuschen können? Kaum waren sie im Pferdestall verschwunden, kam sie auch schon dicht an ihn heran und säuselte ihm verliebt ins Ohr.
»Hast du schon mal ein Mädchen geküsst?«
Max blieb verdutzt stehen. »Natürlich!«, log er geradeheraus.
Sie spitzte prompt ihre Lippen und wartete darauf, dass er die Initiative ergriff. Worauf hatte er sich da nur eingelassen? Entschieden stapfte er voran zur ersten Box und sprach mit seinem Pferd.
»Na, Storm, mein Lieber? Alles klar bei dir?«
Abrupt öffnete Clementine ihre Augen und marschierte resolut auf ihn zu. Jetzt war sie rot vor Wut statt vor Verlegenheit. Ihre bisher gute Erziehung verbot ihr jedoch, ihn darauf anzusprechen, also machte sie gute Miene zum bösen Spiel und stieg auf sein Gespräch mit dem Hengst ein.
»Was für ein Schöner bist du denn? Richtig majestätisch! Gehört er dir, Max?«
»Er ist mein bester Freund. Hast du auch ein Pferd?«
»Leider nicht. Kann ich mal auf seinen Rücken?«
»Nicht ohne Reit-Erfahrung. Storm ist ein bisschen empfindlich mit Mädchen.« Dabei war er der liebste Gaul auf Erden, aber Max wollte auf keinen Fall, dass dieses schwergewichtige Mädchen sich auf seinen zarten Rücken schwang. Auch wenn er sie leicht getragen hätte, es musste einfach nicht sein.
»Schade. Dann führ mich weiter rum! Der Pferdestall kann ja nicht schon alles gewesen sein.«
Wenn sie sich in den Kopf gesetzt hatte, dass er reich wäre, dann lag sie definitiv falsch. »Äcker und Wiesen. Da gibt’s nicht mehr viel Aufregendes zu sehen.«
»Dann lass uns spazieren gehen! Ich würde mir gerne ein bisschen die Beine vertreten nach dem schweren Apfelkuchen vorhin!« Sie lächelte selbstgefällig und hakte sich frech bei Max unter. »Komm schon!«
Es blieb ihm nichts anderes übrig, also spazierte er mit ihr an seinen Lieblingsplatz zum Angeln, einem kleinen Teich nicht allzu weit entfernt. Eine riesige Virginia-Eiche stand an seinem Ufer und spendete den nötigen Schatten. Clementine war offensichtlich ein wenig außer Atem und froh, endlich im Schatten des großen Baumes Platz nehmen zu können.
»Schön ist es hier! Kommst du mit allen Mädchen hierher?«, fragte sie mit schamlosem Grinsen im Gesicht.
Max schluckte erneut vor Verlegenheit. Lügen hatten bekanntlich kurze Beine, deshalb wollte er jetzt doch bei der Wahrheit bleiben.
»Bis jetzt noch mit keiner.« Eine zarte Röte überzog seine Wangen, denn eigentlich wäre er seit kurzem gerne mit Leon hierhergekommen. Einer seiner heimlichen Träume.
Dass Clementine das falsch verstehen könnte, war ihm erst gar nicht in den Sinn gekommen. »Dann bin ich also die Erste? Ich fühle mich geschmeichelt!« Energisch klopfte sie mit der Handfläche neben sich ins grüne Gras, auf dass er sich zu ihr setzen möge. »Komm schon! Ich beiße nicht!«
Doch, das tust du, wollte er sagen, verkniff es sich dann aber doch. Notgedrungen ließ er sich neben ihr auf dem Boden nieder und pflückte einen Grashalm, um gedankenverloren darauf herumzukauen. Am liebsten hätte er sie einfach hier sitzen lassen und wäre zurück zum Haus gelaufen.
Noch bevor er überhaupt wusste, wie ihm geschah, hatte sie ihm ihren Arm um die Schultern geschlungen und drückte ihm einen feuchten Schmatz auf die Wange. »Du gefällst mir wirklich sehr!«, meinte sie danach mit breitem Grinsen.
Max wollte nicht den Kopf drehen, er würde ohne Zweifel Gefahr laufen, dass sie ihre Lippen sofort auf die seinen legte, und starrte weiter auf die Wasseroberfläche, während er mit einem dicken Kloß im Hals versuchte, ihr zu antworten.
»Aha.« Es wollte ihm einfach nichts Besseres einfallen.
»Findest du mich hübsch?«
Wie zum Teufel sollte er da bloß wieder rauskommen? Weiber! Kein Wunder, dass er sich noch nie für sie interessiert hatte! Verzweifelt suchte er nach den richtigen Worten, um nicht unhöflich zu sein oder sie gar zu verletzen. Das hätte sein Vater ihm mal beibringen sollen, bevor er sich nach einer Braut für ihn umsah! Verdammt!
»Ich weiß nicht.«
»Wie, du weißt nicht?!« Man konnte förmlich hören, dass sie gleich sehr böse werden würde.
»Du bist eben nicht so ganz mein Fall, denke ich…«, murmelte Max verlegen. Vermutlich würde sie ihm zum Dank in der nächsten Sekunde ihre kleine Handtasche über den Schädel ziehen.
Clementine schnappte hörbar nach Luft. »Ach was! Was ist denn dein Fall?!«
»Eine weniger Aufdringliche vielleicht!«, rutschte es ihm nun doch noch heraus. Das war noch das Harmloseste, das er ihr sagen konnte.
»Das erzähle ich meinem Dad!« Eingeschnappt rappelte sie sich mühsam vom Boden hoch und verließ mit stürmischen Schritten und wehendem Haar den Schauplatz. »Flegel!«, schrie sie noch über die Schulter zurück.
Max rührte sich nicht vom Fleck. Er war erleichtert und bestürzt zugleich. Sein Vater würde nicht begeistert sein, wenn er davon erfuhr. Am liebsten wäre er gar nicht mehr nach Hause gegangen, aber leider wartete noch Arbeit auf der Farm auf ihn. Und Storm musste auch noch ausgeritten und gestriegelt werden. Ganz zu schweigen vom Ausmisten des restlichen Pferdestalls.
Er saß noch lange dort am Teich und dachte nach. Vermutlich waren Clementine und ihre Eltern wutentbrannt nach Hause gegangen und er sollte sich die Schimpftirade seines Vaters erst noch abholen. Immer wieder schweifte er gedanklich ab zu Leon und wie hübsch er im Vergleich zu Clementine doch war. Hätte der ihn gefragt, ob er ihn hübsch fände, dann hätte er allerdings auch nicht gewusst, was er sagen sollte. Wie sprach man denn mit einem Jungen, der einem besonders gut gefiel? Das war doch sicher alles total verpönt und wurde von niemandem akzeptiert…
»Hey, Bruderherz! Dad lässt dir ausrichten, dass du jetzt getrost nach Hause kommen kannst! Er hätte sich inzwischen wieder beruhigt.«
Erschrocken drehte er sich zu Rosalie um. »Ist er sehr böse?«
»Auf einer Skala von eins bis zehn? Ich würde sagen, so um die acht.« Ihre Augen leuchteten vor Amüsement. »Ehrlich gesagt, als sie weg waren, hat er gemeint, sie wäre tatsächlich eine ziemlich unangenehme Person und optisch absolut kein Hingucker.«
Max erhob sich träge und brach in schallendes Gelächter aus. »Kein Hingucker? Das hat er wirklich gesagt?«
»Ich schwöre bei allem, was mir heilig ist! Mum hat sich in der Küche halb in die Hosen gemacht vor Lachen!«
»Okay, dann komme ich gern nach Hause. Rosie, sie ist ein Drachen! Da bleibt man gern allein, das sag ich dir!«
»Inwiefern war sie denn aufdringlich? Das wollte sie dem Reverend nämlich nicht genauer erläutern.«
»Fragt mich, ob ich sie hübsch fände! Küsst mich einfach ohne Vorwarnung auf die Wange! Rückt mir einfach zu dicht auf den Leib! Ein Drachen eben!«
Rosalie kicherte vergnügt. »Das war heute wohl deine Feuertaufe!«
»Mit reicht‘s erst mal mit den Weibern! Egal, was Dad davon hält!«
»Er sucht sich bestimmt schon eine neue Kandidatin für dich aus. In der Küche hat er Mum nach Chrystal Connor gefragt. Die Tochter von der Connor Farm in Petersburg. Kennst du die?«
Max dachte fieberhaft nach. Irgendwoher kam ihm der Name bekannt vor. »Vielleicht… Ich weiß nicht. Wenn ich diesem ganzen Scheiß entgehen will, muss ich mir wohl doch noch eine Freundin zulegen… Verdammt!« Wie gewohnt schlug er sich, erschrocken über sein Fluchen, die Hand vor den Mund. »Verzeihung!«
»So sieht‘s aus, mein Freund!« Wieder kicherte sie amüsiert. »Tut mir leid, aber du solltest mal dein Gesicht sehen!«
»Vielen Dank auch!« Beleidigt stapfte er davon.
Connor Farm? War das nicht dieser Holzhandel? Ihm graute förmlich vor der nächsten arrangierten Begegnung.

*

Wenn dieses wundervolle Auto Max nicht beeindruckte, dann wusste er auch nicht! Leon setzte sich gut gelaunt hinters Steuer und freute sich auf den Abend mit dem neuen Freund. Irgendwie würde das Tanzen sie schon näher bringen, auch wenn man es in der Öffentlichkeit nicht zeigen durfte. Da war er inzwischen erfinderisch genug!
Liebevoll streichelte er über das Armaturenbrett des Twin Six. So einen schönen Wagen hatte sonst niemand in dieser Gegend. Sie konnten sich das auch nur leisten wegen der Erbschaft. Aber das musste ja niemand wissen. Neidische Blicke verfolgten ihn jedes Mal, wenn er damit durch die Stadt fuhr und freundlich durch die Scheiben grinste. Klar wusste er um sein gutes Aussehen, warum auch nicht? Mädchenherzen erst höher schlagen zu lassen und sie dann zu enttäuschen machte nun mal tierischen Spaß. Um den Schein zu wahren war er schließlich gezwungen, manchmal die richtigen Spiele zu spielen. Es war ja nicht seine Schuld, dass man Homosexualität nicht akzeptieren wollte. Da musste er eben immer das Beste draus machen und sich nicht erwischen lassen.
In letzter Minute hatten sie ihre Pläne geändert. Leon sollte Max mit dem Wagen auf der Farm abholen, damit er dessen Dad noch etwas aus dem Laden vorbeibringen konnte. Das hatte sein Vater zur Bedingung gemacht, um ihm das Auto für den Abend zu überlassen.
Als er schließlich demonstrativ auf der Farm vorfuhr, um sein Date abzuholen, wie sich das gehörte, verspürte er tatsächlich einen Anflug von lächerlicher Romantik. Irgendwie berührte Max sein Herz. Trotz allem.
Schwungvoll stieg er aus, ein neues Messer für Mr. Jenkins‘ Sense in der Hand und ging zielstrebig auf die Veranda zu. Er war noch nicht mal auf der ersten Stufe, da kam auch schon ein junges Mädchen aus der Tür gestolpert und lief aufgeregt an ihm vorbei auf den Wagen zu.
»Wow! Ist das ein Schlitten! Kann ich mal ‘ne Runde mitfahren? Bitte!!!!«
Leon wollte ihr gerade antworten, als Max auch schon vor ihm stand. »Entschuldige, das ist Rosie, meine kleine Schwester. Du hattest noch nicht das Vergnügen.« Max grinste mit hochroten Wangen.
Für einen kurzen Moment blickten sie sich wortlos in die Augen. Es war, als wüssten sie beide, was der andere gerade dachte.
»Bring deinem Dad das neue Sensenmesser! Ich drehe inzwischen eine kleine Runde mit Rosie.« Ihren Namen hatte er lauter ausgesprochen und prompt hüpfte das kleine Mädchen vor Freude im Kreis.
Max tat wie ihm geheißen. Sein Vater war hocherfreut über den Service und sah den jungen Mann aus dem Laden gleich in einem ganz anderen Licht.
»Die wissen noch, was Kundenfreundlichkeit bedeutet!«
Max nickte verlegen. »Ich geh dann mal! Hoffentlich treffe ich nicht auf Clementine beim Square Dance!«, rollte er mit den Augen.
Sein Vater lachte herzlich und klopfte ihm auf die Schulter. »Du machst das schon, Junge! Nur nicht kleinlich sein! Sie muss schon ein wenig robuster sein, wenn sie hier mithelfen soll.«
»Immer dieselbe alte Leier! Warum heirate ich dann nicht gleich einen Mann, Herrgott!« Kaum war es raus, bereute er es auch schon wieder. Sein Teint wurde noch eine Nuance dunkler, was seinem Vater Gott sei Dank in dem schummrigen Licht nicht aufzufallen schien.
»Mach keine albernen Witze, junger Mann! Hier geht es schließlich um deine Zukunft!«
Er nickte nur, dann verließ er das Haus. Was für eine Scheißwelt!
Draußen stieg Rosie gerade aus dem Twin Six und lief freudestrahlend auf ihn zu. »Das war ja so was von aufregend! Ich hab mich gefühlt wie eine feine junge Dame! Dad muss uns auch so einen besorgen!«
»Träum weiter, Rosie!«, lächelte er sie bitter an und stieg dann zu Leon in den Wagen, der bereits ungeduldig wartete.
»Wir müssen uns beeilen, wenn wir noch etwas von dem Abend haben wollen!«, meinte Leon mit einem Nicken in Rosies Richtung. »Sie ist süß. Wir sollten Amy und sie mal zusammenbringen.«
Max hatte Leons kleine Schwester schon im Laden gesehen und nickte ebenfalls. »Keine schlechte Idee.«
Mit quietschenden Reifen fuhr Leon vom Hof. Natürlich wollte er Max imponieren, wie jeder unvernünftige junge Mann beim ersten Date. Es tat seine Wirkung, der junge Farmer war beeindruckt von so viel Pferdestärken auf einmal. Es war gefährlich, aber in gleichem Maße auch sehr betörend, mit solcher Geschwindigkeit unterwegs zu sein.
»Ich hoffe, du hast keine Angst, wenn ich fahre?«
Max schüttelte den Kopf. »Du wirst schon wissen, was du tust. Ich bin jedenfalls schwer beeindruckt.«
Leon lachte schelmisch. Natürlich traute sich Max nicht ehrlich zu ihm zu sein, was die Angst vor dem Fahrtwind betraf. Er selbst hätte auch gelogen, dass sich die Balken biegen. Für den Rest der Fahrt hielt er sich an moderate Geschwindigkeiten, schließlich wollte er ihn nicht schon vor der Tanzerei verschrecken.
»Warst du schon mal beim Square Dance?«
»Nein, bisher nicht. Ich bin eigentlich nicht so wahnsinnig musikalisch«, gab Max unumwunden zu. Er würde sich noch früh genug auf der Tanzfläche blamieren. Aber was nahm man nicht alles in Kauf!
Leon grinste frech. »Du schaffst das schon! Ich erkläre dir mal kurz die Regeln. Keinen Tabak kauen, also auch nicht spucken. Deine Schuhe sind doch nicht genagelt? Das wäre verboten, wegen der Verletzungsgefahr.«
»Nein, keine genagelten Schuhe.«
»Gut. Greif mal ins Handschuhfach, da ist ein Halstuch für dich drin.«
Max holte es kurzerhand heraus und bedachte Leon mit einem strafenden Blick. »Dein Ernst?« Es war nicht gerade schön zu nennen.
»Absolut! Es ist frisch gewaschen, denn es darf nicht länger als zwei Wochen getragen worden sein. Lange Bärte sind auch verboten, aber da werden wir ja kein Problem bekommen.«
Beide grinsten verwegen.
Dann fuhr Leon fort. »Kein Herr darf seiner Partnerin die Hand drücken oder sie ernst anschauen. Außerdem darf er nicht ihr Taschentuch aufheben, falls es herunterfällt. Das Erste bedeutet, dass er sie liebt, das Zweite, dass er sie küssen möchte. Mit Letzterem zeigt sie, dass sie mit beidem einverstanden ist.«
»Sind die Regeln noch aus dem letzten Jahrhundert?«, lachte Max bei all den seltsamen Informationen.
»Sozusagen. Aber im Großen und Ganzen hält man sich noch heute dran und trägt Halstuch und Taschentücher. Bis heute gibt es zu jeder Tanzmelodie eine feste Choreographie. Der Caller hat nur die Funktion einer Gedächtnisstütze. Die hier bekannten Tänze sind Quadrillen und Contratänze des vorigen Jahrhunderts. Aber es gibt momentan auch eine Bewegung zu anderen Arten von Square Dance, Western Style Square Dancing genannt. Du wirst schon sehen, ist alles nicht so schwer.«
Max war tatsächlich erstaunt, wie gut Leon sich damit auszukennen schien. Wahrscheinlich hatte er das in seiner Zeit in der größeren Stadt gelernt und er war deshalb wirklich ein wenig neidisch auf ihn.
»Was macht denn dieser Caller eigentlich?«
»Vortanzen. Deshalb auch Gedächtnisstütze für die festgelegten Tanzschritte.«
»Verstehe. Dann muss ich also einfach nur alles nachtanzen?«
»Genau. Halt dich einfach an mich!«
Max hatte trotz allem noch immer gehörigen Respekt vor einer persönlichen Blamage. Nicht dass sich am Ende noch alle jungen Mädchen über ihn lustig machten. So etwas sprach sich verdammt schnell herum.
Als sie zusammen die Veranstaltungshalle betraten, berührte Leon ihn wie zufällig am Rücken und schob ihn sanft durch die Tür. Es war so einfach sich dem anderen ganz unschuldig zu nähern. Er bemerkte auch kurz, dass Max zusammenzuckte, als hätte er ihm einen kleinen Elektroschock verpasst. Innerlich musste er schmunzeln.
»Suchen wir uns einen Platz, von wo aus du alles sehen kannst!«, meinte er noch flüsternd dicht an seinem Ohr.
Max durchrieselte bei der geringsten Berührung ein Schauer nach dem anderen. Es war, als wäre er elektrisiert und würde zehn Zentimeter über dem Boden schweben. Langsam wurde ihm das fast unheimlich. Leon hatte solche Macht über seinen Körper, dass ihm geradezu schwindlig zu werden drohte.
»Was möchtest du trinken?«, unterbrach Leon seine Gedanken.
»Eine Coke. Auch wenn ich lieber ein Pint hätte.«
Leon lachte herzlich. »Wem sagst du das! Verdammte Regierung! Auch wenn wir sowieso zu jung wären.«
Man konnte sich nicht einmal mehr ein bisschen Mut ansaufen, wenn man abends ausgehen wollte. Das war in ihrer speziellen Situation besonders schlimm. So ein Radar für Gleichgesinnte entwickelte man im Allgemeinen nicht im absolut nüchternen Zustand.
Zuerst einmal schauten sie nur zu, was auf der Tanzfläche geschah. Max war tatsächlich ziemlich angetan von der ganzen Sache. Nie zuvor hatte er so viele hübsche Männer und Frauen auf einem Haufen gesehen. Ihm gefiel ganz besonders einer, der verdammt muskulös war und dazu noch ein wirklich schönes Gesicht sein Eigen nennen durfte.
»Der Caller mit den schwarzen Locken ist echt unglaublich! Immer im Takt!«, meinte Leon plötzlich zu ihm über den Tisch hinweg mit einem Augenzwinkern.
Sie hatten anscheinend denselben Geschmack, was Männer betraf. Max schluckte ertappt, nickte dann aber doch schief grinsend zurück.
»Komm, lass uns mitmachen! Halt dich einfach an mich! Der nächste ich ganz einfach!«
Mit wackligen Beinen reihte Max sich neben Leon in die Gruppe auf der Tanzfläche ein. Sie wurden herzlich aufgenommen und schon ging es los. Auch wenn Max am Anfang nur ein wenig holprig mithalten konnte, war er hellauf begeistert. Selbst der schöne Vortänzer hatte ihm einmal aufmunternd zugelächelt. Nach weiteren zwei Tänzen und einigen tänzerischen Blamagen seinerseits setzten sie sich durchgeschwitzt zurück an ihren Tisch und bestellten noch einmal etwas zu trinken.
»Verdammt ist der heiß!«, flüsterte Leon ihm zu.
Was sollte er ihm darauf schon antworten? »Findest du?« Etwas lahm, aber er war ja noch neu in dem Geschäft.
»Na ja, nicht so heiß wie du, natürlich!«, kam prompt von Leon zurück. Dabei berührte er ihn kurz am nackten Unterarm.
Wieder rieselte ein Schauer durch Max‘ Körper. Sein Teint war dunkelrot und der Puls in schwindelerregende Höhen geschnellt. Wie verlegen konnte man eigentlich sein? Schmeicheleien war er nicht gewöhnt. Zu einer Antwort war er nicht fähig. Ihm fehlten einfach die Worte.
Leon schien ihn erlösen zu wollen. »Ich muss mal für kleine Jungs. Kommst du kurz mit raus?«
Max nickte. Die Coke und das Ginger Ale drückten inzwischen gewaltig auf seine Blase. Er hoffte nur, dass niemand seinen engen Schritt bemerken würde. Gut, dass sein weißes Baumwollhemd weit genug nach unten ging. Er trug es lässig wie ein Cowboy über der Hose. Sein neuer Hut stand ihm hervorragend dazu. Klar, dass er so einen sein Eigen nannte, wo er doch oft genug bei sengender Hitze auf dem Feld herumpflügen musste. Leon hatte seinen wohl nur wegen des Square Dances gekauft, aber das war ihm egal, solange er damit so geil aussah wie heute Abend.
Eigentlich sollte man nicht draußen pinkeln, trotzdem machten viele das im Rahmen einer Zigarettenpause oder eines heimlichen Schluckes Alkohol, den sie von zu Hause aus der Schwarzbrennerei mitgebracht hatten. Deshalb war Max jetzt nicht im Mindesten überrascht, dass auch Leon einen kleinen Flachmann aus der Innentasche seiner Lederweste holte.
»Auch einen Schluck?«
»Gut, dass wir grade noch beim Pissen waren. Was hast du denn dabei?« Neugierig blickte er auf die halbleere Flasche in Leons Hand.
»Whisky, was denn sonst?« Er berührte Max‘ Hand eine Sekunde zu lange, als er ihm den Alkohol reichte.
Wieder durchrieselte Max eine Gänsehaut von oben bis unten. Er war wie elektrisiert und nahm einen großen Schluck, schon allein, um sich wieder in den Griff zu kriegen, dachte er.
»Woher ist der denn?«, fragte er interessiert.
Leon zwinkerte. »Das bleibt mein Geheimnis. Aber er ist gut.«
»Das ist er!« Noch einmal nahm er verstohlen an der Hausmauer um die Ecke in einer schmalen Seitengasse einen ordentlichen Schluck des bräunlichen Gebräus.
Als er Leon die Flasche zurückgeben wollte, zog der ihn an der Hand dicht an sich heran in den Schatten der Hausmauer. Überrascht zog Max die Augenbrauen nach oben und bevor er sich versah, spürte er auch schon Leons warme Lippen auf den seinen. Nackte Angst packte ihn, fast hätte er vergessen, es zu genießen, wenn Leon ihn nicht mit einem kurzen keine Sorge, hier kann uns niemand sehen zwischen ihren Lippen beruhigt hätte.
Für etwa dreißig Sekunden ließ er sich ganz auf den Kuss ein. Zum ersten Mal spürte er eine Zunge in seinem Mund, es schmeckte herrlich und er konnte die Erregung bis in die Zehenspitzen fühlen. Noch einmal dankte er im Geiste dem langen Hemd über seiner Mitte.
Dann war es auch schon wieder vorbei. Er getraute sich nicht, Leon danach direkt in die Augen zu blicken. Als wäre nichts gewesen, gingen sie, nach einem weiteren Schluck aus dem kleinen Flachmann, zusammen zurück in das Gebäude und setzten sich an ihren Tisch, um auf den nächsten Tanz zu warten.
Max‘ Gedanken rasten.
Leon zitterte merklich an den Händen.
Irgendwie schien sich alles um sie beide zu drehen. Weder Max noch Leon hatten mit solch einem Effekt gerechnet. Der unerfahrene Farmerjunge war nicht weiter überrascht über die einschneidende Wirkung ihres Kusses, Leon jedoch hatte merklich Mühe, sich wieder auf den Tanz zu konzentrieren. Nie zuvor hatte ihn ein Kuss so dermaßen aufgewühlt. Vielleicht weil seine Partner bisher immer erfahrener waren, als er selbst? Er konnte sich keinen Reim darauf machen, er wusste lediglich, dass ihm regelrecht schwindlig von dem Kuss geworden war und er noch jetzt wohlige Schmerzen im Brustbereich empfand. Als würde ihm sein Herz etwas mitteilen wollen. Über andere Regionen wollte er gar nicht erst nachdenken, solange sein Körper ihm noch immer eindeutige Signale erteilte. Am liebsten hätte er Max gleich draußen auf dem Feld hart genommen. Allein dieser Gedanke schien ihm gehörigen Respekt einzuflößen. Das hier war etwas Großes.
»Tanzen wir noch mal?«, fragte Max unschuldig über den Tisch hinweg.
Er wollte sich bewegen, das unbändige körperliche Verlangen irgendwie zu zügeln versuchen. An etwas anderes denken, als an harten schnellen Sex und die erlösende Befriedigung danach. Seine Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt, alles in ihm schien zu vibrieren.
»Leon!?«, rief er ihn zurück in die Wirklichkeit, als dieser ihm nicht auf seine Frage antwortete.
»Hm?« Etwas verwirrt blickte er Max schließlich doch noch in die glänzenden Augen. Er wusste genau, was sich darin spiegelte, sie sprachen definitiv dieselbe Sprache. »Was hast du gefragt?«
»Noch mal tanzen?«
»Klar.«
Plötzlich schien es Max, als wäre er der Vernünftigere von ihnen. Sie begaben sich erneut auf die Tanzfläche, fügten sich ein und vergaßen bei all der Zählerei und der Konzentration auf die richtige Reihenfolge der Schritte die vorangegangene Szene draußen im Schatten der Mauer. Nach weiteren drei Tänzen beschlossen sie schwitzend, dass es ihnen für heute Abend reichte und bezahlten die Zeche. Atemlos stiegen sie in den Twin Six, Leon startete den Wagen und schon brausten sie davon Richtung Hopewell.
Schweigen breitete sich aus. Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, versuchte Leon, das Eis zu brechen. Er wollte nicht länger das verschreckte Kaninchen sein, sondern wieder zu seiner vormals coolen Form zurückfinden.
»Wie hat dir der Abend gefallen?«, fragte er deshalb ohne jede Wertung mit Blick auf die Straße vor sich.
Max zögerte. Wie viel Ehrlichkeit erwartete sein neuer Freund von ihm? »Leider kein Mädchen erobert. Was sagen wir bloß unseren Vätern?«
Sein trockener Humor ließ Leons Nervosität endgültig von ihm abfallen und er lachte grölend drauflos. Da konnte Max nicht mehr länger an sich halten und lachte herzhaft mit. Sie konnten sich kaum beruhigen, so witzig und entspannt war es plötzlich wieder zwischen ihnen. Max wischte sich schließlich mit dem Hemdsärmel kichernd die Lachtränen aus den Augenwinkeln.
»Sollen wir uns eine Geschichte für die Familie ausdenken?«, wollte Leon von ihm wissen, als sie sich endlich wieder etwas eingekriegt hatten.
»Sagen wir einfach, die Mädchen waren hässlich und affektiert und die paar, die wir ins Auge hätten fassen wollen, wären bereits vergeben gewesen.«
»Du hast Recht, je weniger, desto besser. Einfach und klar.«
Sie fuhren gerade aus Hopewell heraus über die ungeteerte Landstraße in Richtung Max‘ Farm, als Leon noch einmal anhielt, weil die Blase ihn drückte. »Ich muss mal.«
Max tat es ihm gleich, die frische Nachtluft tat gut nach all der Aufregung. Leon steckte sich noch eine Zigarette an und kam um den Wagen herum, als Max gerade den Hosenschlitz schließen wollte.
»Warum hast du es so eilig?«, meinte er süffisant in der Dunkelheit. Nur die Scheinwerfer spendeten ein wenig Licht.
Max schluckte, sein Mund wurde trocken. Leon kam ganz dicht an ihn heran, drückte ihn mit seinem ganzen Körper gegen die Karosserie und betrachtete ihn auffordernd aus nächster Nähe. Ihre Blicke verfingen sich ineinander, auch wenn sie kaum etwas sehen konnten im Dunkel der Nacht. Plötzlich schnippte Leon seinen Stummel achtlos ins Gestrüpp und griff dem verdutzten Max fordernd in den Schritt.
Überrascht keuchte Max leise auf, bekam Schnappatmung und rannte schließlich davon, so schnell er konnte.
Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen blickte Leon ihm im Licht der Scheinwerfer noch hinterher, bis ihn die Dunkelheit endgültig verschluckte.